Wieviel Sensor braucht der Mensch?
Der Sensor stellt so etwas wie das Herz des ganzen Systems dar. Er entscheidet – zusammen mit dem Objektiv – über die technische Bildqualität. Mit seinen mechanischen Abmessungen entscheidet er über die für bestimmte Bildwinkel benötigten Brennweiten und wirkt sich somit über Teile der Bildgestaltung aus (Stichwort: Schärfentiefe). Ganz direkt wirkt er sich auch auf Größe und Gewicht eines Kamerasystems aus: Je höher die Brennweiten sein müssen, desto größer und schwerer werden auch die Objektive – und in der Folge natürlich auch das Kameragehäuse.
Pixel
Ein wichtiges Kriterium für die Sensor-Auswahl ist sicherlich die Anzahl der Pixel. Wie viele davon benötigt werden, hängt davon ab, in welcher Größe die Ausgabe erfolgen soll. Betrachten wir zunächst die Ausgabe auf einem Monitor.
Aktuelle Fernseher und PC-Bildschirme arbeiten oft in sogenannter Full-HD-Auflösung, das sind 1920 x 1080 Bildpunkte bzw. rund 2 Megapixel. Die modernen 4K-Monitore (UHD-1) haben die vierfache Pixelzahl, also 3840 x 2160 Bildpunkte, das sind 8 Megapixel. Solange kein Bedarf nach einem Hineinzoomen ins Bild besteht, würden diese Pixelzahlen für eine 1:1-Darstellung auf dem Monitor also schon ausreichen. Nun möchte man allerdings ein Foto auch gern in der Hand halten oder als Poster an der Wand betrachten wollen.
Für ein scharfes, feinaufgelöstes Foto, das man in der Hand haltend aus gut 30 cm Entfernung betrachtet, wird für die Ausgabe eine Mindest-Auflösung von 200–250 dpi benötigt. „dpi“ heißt dots per inch, also Punkte pro Zoll. 250 dpi bedeuten also 250 Punkte auf einer Strecke von 2,54 cm (denn das genau ist ein Zoll). Um immer auf der sicheren Seite zu sein, ist eine Ziel-Auflösung von 300 dpi eine gute Wahl; denn manchmal – bei Aufnahmen mit sehr vielen feinen Details – geht der Betrachter näher ans Bild, dann sind z. B. Einzelpersonen auf Gruppenaufnahmen noch deutlicher erkennbar. Umgekehrt könnte man bei flächigen, detailarmen Aufnahmen die Auflösung auch ohne negative Effekte verringern (z. B. auf 200 dpi).
In einem späteren Abschnitt wird das alles näher beleuchtet; hier bitte ich, die Begriffe und Zahlen erst einmal einfach hinzunehmen. Die Formel für die Berechnung der benötigten Bildpunkte oder auch Pixel lautet:
Pixel = Strecke (in cm) x Auflösung (in dpi) / 2,54 cm
Daraus resultieren für verschiedene Ausgabegrößen ungefähr folgende Mindest-Abmessungen.
Seitenverhältnis 3:2
Abmessungen cm | Abmessungen Pixel | Bildpunkte |
10 x 15 | 1200 x 1800 | 2,2 Millionen |
20 x 30 | 2400 x 3600 | 8,6 Millionen |
30 x 45 | 3600 x 5400 | 19 Millionen |
Seitenverhältnis 4:3
Abmessungen cm | Abmessungen Pixel | Bildpunkte |
9 x 12 | 1065 x 1420 | 1,5 Millionen |
18 x 24 | 2130 x 2840 | 6,0 Millionen |
30 x 40 | 3600 x 4800 | 17 Millionen |
DIN-Formate
DIN | Abmessungen Pixel | Bildpunkte |
A5 (21 x 14,8 cm) | 2470 x 1748 | 4,3 Millionen |
A4 (29,7 x 21 cm) | 3500 x 2470 | 8,6 Millionen |
A3 (42 x 29,7 cm) | 4950 x 3500 | 17,3 Millionen |
Im Normalfall wird man selten Fotos mit einer größeren Fläche als DIN A4 (also etwa 20 x 30 cm) in der Hand haltend betrachten. Mehr als 9 Megapixel sind dafür nicht notwendig. Allerdings kann in der Nachbearbeitung durch Bild-Drehungen (z. B. Horizont-Korrektur), perspektivische Entzerrungsmaßnahmen oder einfache Ausschnittskorrekturen Fläche verloren gehen, so dass man dafür einen Spielraum von vielleicht 50 % einkalkulieren sollte. Ein 16-Megapixel-Sensor ist dafür allemal ausreichend.
Noch größere Fotos werden normalerweise auch aus einem größeren Abstand betrachtet. Als allgemeine Empfehlung gilt, dass der Betrachtungsabstand die Bild-Diagonale nicht unterschreiten soll, um das komplette Bild mit einem Blick erfassen zu können. Wenn man sich mit zunehmender Bildgröße (-diagonalen) im gleichen Verhältnis vom Bild entfernt, bleibt der der Winkel, in dem das Auge das Bild erfasst, immer derselbe. Demzufolge ändert sich auch an der Zahl der benötigten Pixel nichts.
Wer sich intensiver mit diesen Zusammenhängen befassen möchte, dem sei folgender c't-Artikel von Carsten Mayer aus dem Jahr 2008 empfohlen (bitte nicht über das Alter stolpern – die physikalischen Grundlagen haben sich in der Zwischenzeit nicht verändert!): Wieviel Pixel braucht der Mensch? Auch Andreas Beitinger bietet auf seiner Webseite ausführliche, gut aufbereitete Vertiefungen zu diesem Thema: Brennweite, Crop-Faktor und KB-Äquivalent sowie KB-Äquivalente gängiger Kamera-Objektiv-Kombinationen.
Sensorgröße
Die bisherigen Betrachtungen betrafen die Anzahl der Pixel auf einem Sensor, nun geht es um die Abmessungen des Sensors. Die Angaben zur Sensor-Größe können sehr verwirrend sein, deswegen möchte ich sie hier kurz erläutern (für mehr verweise ich wieder auf den oben erwähnten Artikel!).
Die Größenangabe zu einem Bildsensor erfolgt in Zoll, bzw. Bruchteilen eines Zoll (1 Zoll = 25,4 mm). Sie bezieht sich auf die Sensordiagonale – dies ist leider jedoch nicht gleichbedeutend mit der tatsächlichen Bilddiagonale. Das Missverhältnis ist geschichtlich begründet: Lange, bevor Bildaufnehmer in moderner Halbleitertechnik gefertigt wurden, waren sie in Röhrentechnik aufgebaut. Wie man es von alten Röhren-Fernsehern her kennt, war die nutzbare Bildfläche immer deutlich kleiner, als die physikalischen Abmessungen der Röhre. So stand bei einer Ein-Zoll-Bildaufnehmer-Röhre statt 25,4 mm nur eine rund 16 mm große Diagonale für das eigentliche Bild zur Verfügung.
Als Grundlage zur Bildkreis-Berechnung für moderne Halbleitersensoren legten die Hersteller einen Wert von 16,8 mm für den Ein-Zoll-Chip mit dem Seitenverhältnis 4:3 (lies „vier zu drei“) fest. Ein 4/3-Zoll-Chip (lies „Vier-Drittel-Zoll-Chip“) hätte somit eine nutzbare Diagonale von 22,4 mm (der reale 4/3-Chip ist geringfügig kleiner, seine Diagonale ist mit 21,6 mm definiert). Die Bezeichnung „Four Thirds“ für Kameras mit 4/3"-Sensor ist übrigens von eben diesem Sensor-Außenmaß abgeleitet, und nicht etwa – wie häufig zu lesen – vom Seitenverhältnis vier zu drei.
Diagonale mm | Abmessungen mm | Fläche mm2 | |
Vollformat (Kleinbild, FX) | 43,3 | 36 x 24 | 864 |
DX | 28,4 | 23,7 x 15,6 | 370 |
APS-C | 26,7 | 22,2 x 14,8 | 329 |
Four-Thirds (4/3") | 21,6 | 17,3 x 13,0 | 225 |
1" | 15,9 | 13,2 x 8,8 | 116 |
2/3" | 11,0 | 8,8 x 6,6 | 58 |
1/1,7" | 9,5 | 7,6 x 5,7 | 43 |
1/2,3" | 7,67 | 6,17 x 4,55 | 28 |
1/2,7" | 6,7 | 5,40 x 4,00 | 22 |
1/3,2" | 5,7 | 4,54 x 3,42 | 16 |
Tabelle: Gängige Sensor-Größen
Wie die Tabelle zeigt, besteht zwischen dem kleinsten und dem größten Sensor ein Flächenverhältnis von mehr als 1:50 (und es gibt weitere, nochmals kleinere Chips!).
Welche Größe ist nun die richtige? Das ist wieder einmal von verschiedenen Faktoren abhängig:
Kleiner Geringer Höher Kürzer Höher Kleiner Günstiger | Sensor DynamikRauschen Brennweiten Schärfentiefe Gesamtsystem Preis | Größer Höher Geringer Länger Geringer Größer Teurer |
Wird bei gleicher Anzahl der Pixel die Fläche verkleinert (oder werden andersherum – wie es die Hersteller gerne tun – mehr Pixel auf die gleiche Fläche gepackt), sinkt die Größe eines einzelnen Pixels, das führt zu einem Sinken der Lichtempfindlichkeit: Ein kleinerer Sensorpixel fängt einfach weniger Lichtstrahlen ein als ein großer. Das wiederum macht das Signal anfälliger für Störungen und das Bildrauschen steigt. Mit abnehmender Fläche sinkt auch die für gleichen Bildwinkel nötige Brennweite, damit werden im Objektiv Beugungs-Effekte an der Blende wahrscheinlicher, die wiederum zu Unschärfe führen.
Vergrößert man jedoch die Fläche, wachsen auch Größe und Gewicht der Kamera (bis hin zu den Objektiven) proportional mit. Vom Sensor selbst über die Kamera bis hin zu den Objektiven wird dadurch alles auch teurer.
Je höher Pixelanzahl und -dichte sind, desto höher muss notgedrungen auch die Auflösung der eingesetzten Objektive sein. Außerdem steigt die Gefahr von Verwackelung: Die aus analogen Zeiten bekannte Formel „Verschlusszeit muss kürzer sein als Eins durch Brennweite“ gilt dann nicht mehr, die Verschlusszeit muss u. U. um zwei bis vier Lichtwerte verkürzt werden – in der Praxis helfen dann nur Bildstabilisatoren oder der Einsatz eines Statives, scharfe Fotos zu erzielen.
Mein Motto dazu lautet daher sowohl für die Sensor-Fläche wie für die Anzahl der Pixel:
So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.
Weitere Kriterien
Wie schon erwähnt, ist ein wichtiges Bewertungskriterium für einen Bildsensor sein Rauschverhalten. Es ist in erster Linie vom Verhältnis Pixelanzahl zu Sensorgröße (also der Pixelgröße) abhängig. Am rauschärmsten wird somit ein großflächiger Sensor mit geringer Pixel-Anzahl sein.
Daneben ist der Dynamikumfang wichtig, also die maximale Spanne zischen dem hellsten und dunkelsten darstellbaren Wert. In diesen Bereich fällt auch der Tonwertumfang, der beschreibt, wie viele Helligkeitsstufen differenziert werden können.
Fazit
Manche Anforderungen an den Sensor widersprechen einander, deswegen kann die Auswahl eines Sensors immer nur auf einen Kompromiss hinauslaufen.
Wenn Größe, Gewicht und Preis keine Rolle spielen (professionelle Studio-Fotografie), ist sicherlich das Vollformat die beste Wahl.
Sind Unauffällligkeit und Mobilität wichtig, und ist dabei das letzte Quantum technische Bildqualität nicht ausschlaggebend, dann können auch mit kleinen Sensoren unterhalb eines Zolls Bildschirmdiagonale gute Fotos produziert werden. Selbst Kleinst-Sensoren mit höchster Pixeldichte in Smartphones können heutzutage – gute Lichtverhältnisse vorausgesetzt – Erstaunliches leisten.
Ich selbst habe mich für die goldene Mitte entschieden und fotografiere fast ausschließlich mit Micro-Four-Thirds-Kameras. Diesen Schritt habe ich (aktuell seit vier Jahren) nicht bereut.
Abschließend möchte noch eine kleine „Dia“-Schau vorführen. Die rund 30 Fotos zeigen Impressionen aus verschiedenen Gärten – öffentlichen und dem eigenen. Sie entstanden zwischen 2003 und 2012 mit Kompakt- und sogenannten Bridge-Kameras (Sensor-Diagonalen zwischen 1/3 und 2/3") und belegen, dass – wie oben schon angedeutet – unter guten Umständen auch mit solchen Kleinformatigen durchaus brauchbare Fotos entstehen können.
12.08.2015 - 03.05.2019